Abenteuer-Shanghai

Nan Jing Road - für jeden ein Begriff, wenn er die Stadt besucht. Selbst wenn man nur im Internet eine Suche nach der Stadt Shanghai eingibt, so wird man unweigerlich auf die Nan Jing Road stoßen. Warum das so ist, werde ich hier erklären.

Die Nan Jing Road ist in zwei Teile geteilt: Nan Jing Xi Lu und Nan Jing Dong Lu. Wie ihr jetzt schon wißt, steht die Bezeichnung "Xi" für Westen, während die Bezeichnung "Dong" für Osten steht. "Lu" heißt Straße. Benannt wurde diese Straße nach einer chinesischen Stadt. Na ? Wie heißt sie wohl ? Richtig, Nan Jing, im Deutschen häufig auch Nanking genannt. Berühmt geworden ist diese Stadt auch durch den Film "John Rabe", einem deutschen Vertreter der Firma Siemens in Nan Jing, der in den ersten Jahren des zweiten Weltkriegs viele Chinesen vor dem sicheren Tod bewahrt hat, indem er in Nan Jing eine internationale Schutzzone gegen die Japaner eingerichtet hat, die er sogar aus eigenen Mitteln finanzierte.

Der westliche Teil ist mit seinen eleganten Hotels und teuren Geschäften Luxus pur. Allerdings ist es dort auch recht langweilig, zumindest im Teil zwischen dem Jing´an District mit seinem wunderschönen Tempel (der unter "Sehenswertes/Tempel behandelt wird) und der Ost-Westteilung der Nan Jing Road. Außer ein paar Männern, die Massagen anbieten (bitte nicht fragen welcher Art diese Massagen sind, wurde nicht erklärt und ich habe auch nicht gefragt), habe ich dort nichts Spannendes ausmachen können.

Der östliche Teil ist es, wo das Leben tobt, und zwar bei Tag und auch bei Nacht! Ich war im Hellen dort, ich war im Dunklen dort, jede Menge Menschen sind hier unterwegs.

Apropos viele Menschen sind unterwegs - hier sind auch viele Händler unterwegs, und zwar solche, die man besser nicht trifft. Natürlich wissen diese, daß Nan Jing Road ein Touristenmagnet ist. Man kann kaum 200 Meter gehen, ohne von einem dieser Händler angesprochen zu werden. Brauchst Du eine Uhr ? Eine Tasche ? Oder vielleicht eine Hose, ein T-Shirt ? Habe ich ganz billig, mein Geschäft ist nicht weit von hier. Nur eine Minute. Ja, nee, ist klar. Wer Lust hat auf Gedränge in einer Ecke mit Kaufzwang, der sollte jetzt mitgehen.

Auch immer wieder angetroffen (allerdings abends), weibliche Begleitung, die sich quasi aufdrängt, den Wanderer in ein unverfängliches Gespräch verwickelt, das dann damit endet, ob man nicht zusammen etwas trinken gehen will. Ja, ja, wie kann man ein nettes Gespräch bloß so häßlich kaputt machen ? An einem lauschigen Abend bin ich auf einer Strecke von vielleicht 500 Metern von drei jungen Frauen angesprochen worden. Jetzt kommt das Beste: während man der ersten ja noch glaubt, daß sie vor einer Woche in Shanghai eingetroffen ist, Urlaub macht, und gaaaanz allein ist in dieser großen Stadt (große dunkelbraune Kulleraugen sind JETZT im Einsatz), weil man diese Geschichte zum ersten Mal hört, wird man aber stutzig, wenn man dieselbe Geschichte etwas später wieder hört, aber von einer anderen Person. Lustig war auch, daß die erste Person bis zur Seitenstraße mitgegangen ist, auf der Pizzahut und Subway sich gegenüber liegen. Anscheinend endete dort ihr Jagdrevier, denn sie wollte keinen Meter weitergehen, als ich unbeirrt meines Weges ging. Ähnliches gilt für die Händler, immer dieselbe Geschichte. Am besten geht man einfach weiter. Aber als höflicher Mensch gelingt mir das leider nie. Auch wenn es ein "Ja, es ist immer billig, und es ist gleich um die Ecke" meinerseits ist, so muß ich doch antworten.

Nan Jing Road bietet eine unglaubliche Vielfalt unterschiedlichster Geschäfte. Da gibt es zum Beispiel den No. 1 Department Store (Bai Huo Shang Dian), der so riesengroß ist, daß man sich fast verlaufen kann. Auf neun Etagen bietet dieses Kaufhaus alles, was das Herz begehrt. Leider alles zu überhöhten Preisen, aber das weiß man, bevor man hinein geht.

Als ich zum ersten Mal dieses Geschäft betrat, stand ich mitten in der Schmuckabteilung. Das meine ich wörtlich. Denn fast die ganze Etage war Schmuckabteilung. Wie groß das war? Wir kommen später zu diesem Thema.

Auf einem Hinweisschild mit der Aufteilung der Etagen stand "Food Store", das Schild zeigte nach unten. Also hinunter ins Basement, eine Etage unter die Erde. Neben "Food Store" stand auch geschrieben, daß man unten Schuhe kaufen kann. Die habe ich dann auch gefunden, aber leider kein Futter.

Ich möchte an dieser Stelle sagen, daß der No. 1 Department Store ein Paradies ist - vorausgesetzt man ist eine Frau und hat die Taschen voller Geld. Auf der Suche nach dem Food Store kam ich an Schuhen vorbei, Kartons mit Schuhen, Regalen mit Schuhen, Wänden mit Schuhen. Ich fühlte mich an die Werbung der Firma Zalando im Fernsehen erinnert, aber im Vergleich zu diesem Department Store hat Zalando KEINE Schuhe !

Ich habe mir dann den Spaß erlaubt, eine Verkäuferin zu fragen, wie viele Quadratmeter mit Schuhen hier unten vollgestopft sind. Sie durfte es mir nicht sagen, aber sie konnte mir natürlich auch nicht verbieten, die Abteilung abzuschreiten. Das Ergebnis: knappe 3.000 Quadratmeter Schuhe! Und die Sport-, Gelände- und Trekkingschuhe sind in der 5. Etage und nicht im Basement!

Also, da habe ich mir dann die erste Rolltreppe geschnappt und bin weggerollt. Wieder hoch auf das Erdgeschoß mit dem Schmuck. Dieser Bereich vereinnahmt locker ein Drittel dieser Etage, habe ich aber nicht genau abgemessen.

Rolltreppe rauf, nächste Etage: Damenbekleidung, auf der gesamten Fläche. Und weiter. Dann endlich Herrenbekleidung, die ist in der 5. Etage. Sie teilt sich die Fläche mit... den ausgelagerten Sport-, Gelände- und Trekkingschuhen!

Um es abzukürzen, die Technik befindet sich in der 8. Etage, allerdings werden die Etagen nach oben hin immer kleiner, die Technik teilt sich den Raum mit einem großen Kino.

Wer einmal nach Shanghai kommt, sollte sich einen Rundgang durch dieses Geschäft gönnen!

Nan Jing Road - jeder Besucher kennt diese Straße. Ob als Tourist oder Abgesandter einer Firma, selbst bei Pauschalangeboten (China in 8 Tagen, hahaha) wird die Reiseleitung bei einem Aufenthalt von 24 Stunden in Shanghai einen Abstecher in die Nan Jing Road machen.

Und sie haben Recht dorthin zu gehen. Nirgendwo sonst in dieser Stadt gibt es so viele Geschäfte hintereinander aufgereiht wie hier. Man spricht von 600 Läden, allerdings habe ich das nicht selbst überprüft.

Ein Hauch von Nostalgie liegt über der Nan Jing Road. Die alten, zum Teil reich verzierten Gebäude mit den bunten Geschäftszeichen sind das, was man sich vorstellt, wenn man an China denkt. Allerdings findet man zwischen den traditionellen Geschäftszeichen auch ganz moderne. Das sind die Zugeständnisse an die Öffnung nach Westen. Allerdings wüsste ich nicht, wie man zum Beispiel Pizza Hut traditionell darstellen sollte.

Manche Dinge sehen allerdings anders aus als das, was sie darstellen. Mitten auf der Straße fand ich dieses sechseckige Häuschen. Einige Personen standen davor. Zuerst dachte ich, es sei eine öffentliche Toilette. Das war es aber nicht, sondern ein Geldautomat!

Absolut sehenswert sind auch die Seitenstraßen der Nan Jing Road. Wer die Zeit hat sollte sie sich ansehen. Viele kleine Geschäfte gibt es auch hier, die dieselbe oder zumindest gleichwertige Ware zum Teil deutlich günstiger anbieten als die großen Geschäfte auf der Hauptstraße. Dazu kommt, daß die Seitenstraßen häufig "naturbelassen" sind, also nicht für den Tourismus extra hergerichtet sind. Das bedeutet echtes Leben.
Zum echten Leben gehören natürlich auch echte Menschen mit ihren echten kleinen Läden. In manchen kleinen Gassen habe ich Geschäfte gefunden, die innen größer waren als sie von außen aussahen. Und Handeln war ausdrücklich erlaubt. Witzig war, daß anscheinend jeder Händler immer einen Taschenrechner zur Hand hatte. Damit wurde zuerst immer der "eigentliche Normalpreis" eingetippt, dann kam der Rabatt, und zum Schluß tippte der Händler dann den zu zahlenden Preis ein. War man damit nicht zufrieden, dann änderte sich der Preis schnell nach unten.

Die Polizei und Hilfskräfte sind nicht nur zu Fuß, mit Autos und Motorrädern unterwegs, sondern fahren zum Teil "stadttaugliche" Fahrzeuge. Wie hier diese beiden Elektrofahrzeuge zum Beispiel. An dem Motorroller wäre ich im Dunkeln fast vorbei gelaufen, so unscheinbar war er. Wenn nicht das blaue Blinkllicht eingeschaltet gewesen wäre, das sich an der Hauswand spiegelt. Shanghai ist voll von Elektrorollern. Sie sind leise, umweltfreundlich und schnell!

Dies ist eines der vielen Hinweisschilder auf die U-Bahnhöfe. Man sieht immer gleich, welche Linien hier verkehren. Wenn man ein wenig die Orientierung verloren hat, läuft man einfach diesen Schildern nach. Mit der U-Bahn kommt man fast überall hin. Apropos laufen: trotz der späten Stunde sind auch viele Kinder mit ihren Eltern unterwegs. Die beiden Bilder in der Mitte habe ich von ungefähr demselben Standort gemacht, eines mit Blitz und eines ohne. Besonders auf dem rechten der beiden Bilder sieht man, wie hell es auf der Straße ist durch die Beleuchtung der Geschäfte! Ganz rechts sind vier der ungefähr 600 Geschäfte zu sehen. Die Häuser sind oberhalb der Läden übrigens bewohnt. Ich glaube nicht, daß die Menschen dort so viel Schlaf bekommen wie sie eigentlich benötigen.

In der Nacht ist die Nan Jing Road aber noch schöner als am Tag. Viele Geschäfte verfügen über beleuchtete Schilder in kräftigen Farben, die die Straße in ein angenehm warmes Licht tauchen. Auch wenn es manchmal nervend ist, von den vielen Händlern angesprochen zu werden, sollte man sich einen Abendspaziergang über diese Straße wirklich gönnen.

Wie schon an anderer Stelle erwähnt ist Shanghai voll mit Statuen, Standbildern, etc. Diese Metallskulptur befindet sich auf der Ostseite der Nan Jing Road am Anfang der Ost-Westteilung. Zu sehen ist eine Familie, Vater, Mutter, Kind. Gemäß der Ein-Kind-Politik eben nur mit EINEM Kind. Ich muß allerdings zugeben, daß ich die Aussage der Statue nicht ganz verstanden habe. Das Kind hält Luftballons, der Mann trägt eine Videokamera um den Hals, die Frau einen Koffer in der Hand. Touristen? Wie voll es abends auf der Nan Jing Road ist zeigt dieses Bild rechts. Und auch wie schön die alten Gebäude sind. Ich hätte aber die Fassade des weißen Gebäudes nicht ganz so tuffig gestaltet. Rosafarbene Fensterrahmen? Babyblaue Beleuchtung? Naja, wer´s mag... Die Dame rechts im Bild, die begeistert in die Hände zu klatschen scheint, ist übrigens eine der "Touristinnen", die ich eingangs erwähnte.

Hier habe ich einen Abstecher in eine Seitenstraße mit vielen kleinen Restaurants gemacht. Sie ist rappelvoll von Menschen.

Hübsch anzusehen von außen, innen gut besucht. Es heißt: Gehe dort essen, wo viele Chinesen hingehen. Dort ist das Essen gut und günstig. Im Umkehrschluß kann es heißen, daß das Essen schlecht oder nicht so schmackhaft ist, wo wenige oder keine Besucher zu finden sind.

Kommen wir wieder auf eines meiner Lieblingsthemen zurück: Futter! Ich habe während meiner Zeit in China Sachen gegessen, von denen ich häufig vorher nicht wußte, was es war. Manchmal wußte ich es auch hinterher noch nicht. Auffällig war jedoch, daß viele Händler ihre Fleischwaren offen und ungekühlt darboten. Während auf dem linken Bild in der Hauptsache wohl Räucherware und abgepacktes Fleisch angeboten wurde, bin ich nicht ganz sicher, was ich von den anderen Bildern halten soll. Die Identifizierung war manchmal schwierig. Auf dem kleinen Bild oben links ist wohl toter Vogel zu sehen, unten links wohl Bauchfleischscheiben geräuchert, aber was liegt direkt daneben? Das Highlight in dieser Reihe ist allerdings das Bild oben rechts. Ich war dabei, als dieser Stand aufgebaut worden ist. Eine einfache Karre, darauf in Stahlblechen Fleisch und vorbereitete Spieße. Es gab keine Kühlung. Hier möchte ich anmerken, daß es 23.00 Uhr war bei einer Temperatur von 29° Celsius. Na denn, guten Appetit!

Zurück auf der Nan Jing Road. Hier gibt es neben regulären Kaufhäusern auch kleine Läden mit breitem Angebot an Nahrungs- und Genußmitteln. Oder eben auch Mittel der traditionellen Medizin. Links unten der Beweis: der rote Balken am Haus ist ein Thermometer und es zeigt 29° Celsius an. Selbstverständlich gibt es auch hier prächtige Bauten, aber nicht in der Seitenstraße im Bild daneben. Hier wird der Müll abgeholt, der einfach auf die Straße gekippt wird. So läuft das hier! Müll raus, jemand wird ihn abholen!

Von der Westseite der Nan Jing Road aus habe ich diese Bilder aufgenommen. Links mit der grünen Leuchtreklame steht das berühmte Geschäft, Shanghais Nummer 1 Kaufhaus. Rechts: ein letzter Blick in die farbenfroh gestaltete Lichterwelt einer der berühmtesten Straßen Shanghais.