Exkursionen
Hongkong - Weltstadt mit Flair und eigener Währung
Eigentlich war es nicht wirklich geplant, hierher zu fahren oder zu fliegen, aber leider ging es nicht anders. Mein Visum hatte nur eine Gültigkeit von 30 Tagen, danach mußte ich China verlassen und neu einreisen, um eine Verlängerung um 30 Tage zu erreichen.
Die Lösung: eine Reise nach Hongkong! Wie bekloppt ist das denn? Die Antwort ist einfach: Hongkong hat einen gewissen exterritorialen Status. Das liegt daran, daß es bis 1997 unter britischer Verwaltung stand und eine eigene Währung hat, den Hongkong Dollar, farbenfrohe Scheine und Münzen, die schwer sind wie Blei. Die Sonderwirtschaftszone Hongkong gilt also als Ausland, obwohl es zu China gehört. Bitte nicht weiter über Sinn und Unsinn dieser Regelung nachdenken - einfach akzeptieren und Spaß haben!
Ich hatte nur wenige Stunden Zeit, um Hongkong zu untersuchen, deshalb ist mein Bericht wirklich nur ein Schnipsel dieser großen Stadt. Trotzdem ist es mir gelungen, einen kleinen Einblick zu bekommen, den ich gern teile.
Untergebracht in Kowloon, einem der bekanntesten und wohl auch ältesten Stadtteile Hongkongs, hatte ich eine gute Ausgangsposition für meine nächtlichen Wanderungen. Da ich von meinem Hotel nicht begeistert war (es war eng, feucht, muffig, Fenster ließen sich nicht öffnen und waren blind, sauteuer wenn man Preis mit Leistung vergleicht), hielt ich Ausschau nach anderen Hotels. Okay, das Ritz oder Hilton mußten es nicht sein, aber ein bischen angenehmer wäre schön gewesen. Ich fand dann auch Hotels, aber das waren wohl Stundenhotels, da hier nur Einzelzimmer angeboten wurden. Sicher bin ich mir nicht, aber es gab ein paar Hinweise.
Das Erste, das mir auffiel, waren die unglaublich vielen Taxis, die in Hongkong unterwegs sind. Alle sind rot, und was die Marke angeht, so ist Hongkong fest in Toyota-Hand. Das Nächste war eine echte Überraschung: als ich in den Bus einstieg, saß der Fahrer auf der anderen Seite, der Bus war ein Rechtslenker! Es hat nicht lange gedauert bis ich realisierte, daß in Hongkong Linksverkehr herrscht. Schuld daran sind natürlich die Briten. Sie sind aber auch an etwas Anderem Schuld, und das rechne ich ihnen hoch an - es herrscht eine große Disziplin in der Stadt. Es ist hier viel leiser als in Shanghai, hier wird nicht für alles gehupt, tatsächlich wird hier kaum gehupt. Die Menschen stellen sich an, sie bilden eine Schlange und rennen nicht wie bescheuert auf einen Eingang zu, kein unnötiges Gedränge entsteht. Wenn man Großbritannien für etwas danken möchte, dann dafür. Es war diesbezüglich eine sehr angenehme Erfahrung.
Ankunft in Hongkong. Mit einem mulmigen Gefühl bin ich beim Abflug am frühen Nachmittag von Shanghai gestartet, denn es war der 11. September 2010 und an diesem Datum möchte man nicht unbedingt fliegen. Aber die Visumsangelegenheiten konnten nicht aufgeschoben werden, denn die Aufenthaltserlaubnis lief am 13. September aus.
Eine nette Einrichtung sind die Doppeldeckerbusse. Man kann sich Hongkong ganz entspannt aus einer etwas höheren Persepktive ansehen als in einem Taxi. Leider regnete es die ganze Zeit während unserer Fahrt zum Hotel. Obwohl ich erst seit Minuten hier war, konnte ich DAS schon mit Sicherheit sagen: zu wenige Taxis gibt es hier jedenfalls nicht!
Hohe Gebäude, dichter Verkehr - die Nathan Road in Kowloon ist eine der bekanntesten Straßen. Das schwarze Schild des Juwliers sagt eigentlich Liu Fu, warum es Lukfook heißt ist mir nicht ganz klar. Hongkong-Dialekt?
Als die Dämmerung hereinbrach, wurde es Zeit für meine abendliche Erkundungstour. Ich hatte festgestellt, daß Shanghai und auch Hongkong einen ganz besonderen Reiz haben, wenn es dunkel ist. Da macht es einfach Spaß, durch die Straßen zu laufen und Menschen zu begegnen - und Menschen, die unterwegs sind, gibt es hier reichlich. Leider hat es auch nachts immer noch geregnet. Anfangs war es ein leichter Nieselregen mit längeren Pausen. Das hat nicht weiter gestört, bei den hohen Temperaturen, die hier herrschten, empfand man den Regen eher als angenehme Erfrischung. Um beim Stichwort Temperaturen zu bleiben: Mitte September waren es in Shanghai immer noch gut 24° Celsius, das große Schwitzen der ersten Tage kam zu seinem Ende. Der Trip nach Hongkong allerdings bedeutete ein Flug Richtung Süden. Am Tag der Ankunft waren es hier 29° Celsius bei starker Bewölkung und Regen! Bei meinem Rundgang fiel mir außerdem auf, daß in diesem Bezirk viele Inder wohnen und auch Geschäfte betreiben.
Auf der Hanoi Road 18 im Bezirk Tsim Sha Tsui, Kowloon, befindet sich das K11. Grundsätzlich ist das K11 ein mehrstöckiges Einkaufszentrum mit Shops, Boutiquen, Restaurants, Bars, Cafes, aber es gibt auch eine Besonderheit: das K11 ist eine Art Mall. Das Konzept ist es, Kunst, Mensch und Natur in Harmonie zu vereinen.
Und Kunst kann alles Mögliche sein. Diese Mona Lisa zum Beispiel mit einem Eis in der Hand ist aus gerösteten Toastscheiben (!!!) hergestellt worden. Im Center befindet sich das Hotel Hyatt. Wer ins Internet muss, wird hier bestens bedient, denn dieser Aufzug hat eine WiFi Verbindung. Nachdem ich das Center eingehend studiert hatte, erkundete ich weiter die Umgebung. Zu meiner Überraschung stand ich plötzlich vor dieser Moschee. Etwas weiter in einer Seitenstraße fand ich dieses ältere Gebäude. Nicht alle Wohneinheiten verfügen über eine Klimaanlage. Man erkennt es daran, daß vor manchen Fenstern der kleine, graue Kasten fehlt.
Am nächsten Morgen schien erst einmal die Sonne. Hier ein Zugeständnis an die Briten: die Straße heißt Peking Road, statt chinesisch Beijing Road. Nach einem Frühstück bei McDonalds ging es zügig weiter, denn wir (die Coaches, die ihre Visa für China verlängern mussten) wollten noch etwas erleben, bevor wir wieder zum Flughafen zurück mussten. Die Wahl fiel auf einen Park, der attraktiv genug ist, um ihn zu besuchen. Es sollte dann aber ganz anders kommen.
Auf einmal war es vorbei mit der Sonne. Nachdem wir die U-Bahn verlassen hatten, hörten wir die sich wiederholenden Durchsagen. Es wurde vor rutschigem Untergrund durch Regenfälle gewarnt. Regen? Das war nicht zu glauben. Wir waren bei schönstem Wetter in die U-Bahn gestiegen und verließen sie bei heftigen Schauern, die über die Stadt fegten. Damit war der Besuch im Park gestorben. Was konnten wir jetzt noch tun? Die Antwort war schnell gefunden. Es sollte mit der Ngong Ping Seilbahn auf die Insel Lantau gehen, auf der sich der weltgrößte freistehende Buddha in sitzender Haltung befindet. Die Bronzestatue ist 34 Meter hoch und wiegt 250 Tonnen.
Landschaftlich ist Hongkong wirklich schön gelegen. Wälder, Ebenen, Berge, Meer, alles ist vorhanden. Man braucht nur zu wählen, wozu man gerade Lust hat und ist in kurzer Zeit an jedem gewünschten Ort. Dazu kann man hervorragend auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen. Busse und Taxis fahren fast überall hin, und wenn man es etwas schneller braucht, dann hat man auch die Möglichkeit, mit U-Bahnen und Zügen zu fahren.
Das gilt auch, wenn man auf die Insel Lantau fahren möchte. Sie ist über eine Meeresbrücke mit dem Festland verbunden, also kann man PKW, Bus oder Taxi benutzen. Um Längen interessanter allerdings ist es, wenn man statt dessen die Seilbahn benutzt. Während der über halbstündigen Fahrt, bei der man wählen kann, ob man eine Gondel mit festem Boden oder lieber eine mit durchsichtigem Boden benutzt, hat man einige interessante Ausblicke. Auf diese besonderen Punkte wird auf einer Karte sogar hingewiesen.
Wir hatten natürlich eine Gondel mit durchsichtigem Boden gewählt. Dadurch hatten wir fast eine komplette Rundumsicht. Absolut fantastisch dabei ist der freie Blick nach unten, der ungewöhnliche Perspektiven und Aufnahmen zulässt. Die Seilbahn fährt auch an einer "Kleinstadt" vorbei, die nur aus einer Handvoll Hochhäusern besteht. So sehr es einem widerstreben mag, in einem dieser Betonklötze zu wohnen, so sehr ist es dennoch reizvoll: im Rücken die Berge und vor sich das Meer - ich glaube, mehr geht nicht.
Wir hatten gerade abgehoben und befanden uns auf halbem Weg über der Meerenge, als von Osten ein Sturm aufzog. Die Gondeln wurden nicht angehalten, das hätte wohl keinen Sinn gemacht. Es war aber nur eine Frage, an welchem Punkt der Fahrt der Sturm uns treffen würde, denn daß das passieren würde, daran bestand kein Zweifel. Wir konnten beobachten, wie dicke Wolken über den Berg hinter der Seebrücke kletterten und scharfe Winde sie schnell zu den Gondeln herüber trieben.
Das Geräusch eines Motors ließ uns nach unten blicken. Dort fuhr gerade ein Schnellboot unter unseren Füßen durch. Was für eine irre Perspektive! Wenn man von Turm 3 aus zurückblickt, hat man eine herrliche Aussicht auf den neuen Flughafen von Hongkong. Den alten Flughafen Kai Tak, bei dem die Flugzeuge quasi zwischen den Hochhäusern manövrieren mussten, gibt es nicht mehr.
Ein Blick zurück über die Seilbahn hinaus, an der die Gondeln wie Perlen an einer Kette hängen, bestätigte uns, daß wir den Sturm abbekommen würden, bevor wir das Ngong Ping Plateau auf der Insel Lantau erreichten. Das Unwetter hatte bereits die Berge am Horizont verschluckt und war schon über dem Meer. Es konnte also nur noch wenige Minuten dauern, bis es unsere Gondel erfasste. Ich war gespannt, was dann passieren würde.
Die ersten Windböen hatten die Seilbahn bereits zum Schwingen gebracht. Ein Blick nach unten zeigte mir, daß wir die Insel erreicht hatten. Sollte etwas passieren, dann würden wir wenigstens nicht im Meer ersaufen! Tja, und dann war es so weit. Der Sturm erfasste die Gondel voll und brachte sie kräftig ins Schwingen. Der Wind blies so stark, daß Wasser durch die Belüftung in die Kabine drang. Zum Glück gab es keine Kollision mit Turm 4, trotz des Schaukelns.
Und dann waren wir endlich angekommen! Eigentlich würde man nicht "endlich" sagen, wenn man mit der Gondel unterwegs ist, denn die Fahrt und die Aussicht sind fantastisch an normalen Tagen, aber wir hatten leider das Pech, daß man in den Regenwolken keine 100 Meter weit sehen konnte. Nachdem wir schon den Park wegen sintflutartiger Regenfälle nicht besuchen konnten, hatte das Wetter uns auch hier betrogen.
Wenn man die Seilbahnstation verlässt, dann läuft man mitten in eine kleine Ansammlung von Gebäuden hinein, die links und rechts des Weges auf dem Ngong Ping Plateau stehen. Hier kann man etwas über Buddhas Leben, Wirken und Werdegang erfahren, aber sich auch hervorragend mit Pizza eindecken, oder wahlweise auch mit Souvenirs. Nun ja, der Tian Tan Buddha ist eine Touristenattraktion und so ist auch das Drumherum für Touristen aufbereitet.
Tian Tan Buddha, oder auch Big Buddha oder Giant Buddha ist das Ziel, wenn man sich hier an diesen Ort begibt. Die riesige, sitzende, einsame Bronzestatue auf der Spitze des Hügels. Ungewöhnlich ist, daß er nach Norden schaut, in Richtung Beijing. Die Statue wird Tian Tan Buddha genannt, weil seine Basis in Anlehnung an den Tempel des Himmels in Beijing gestaltet wurde. Übrigens kann man für 60 Hongkong-Dollar die Ausstellungshallen unterhalb des Buddha besichtigen. Ein vegetarisches Mittagessen ist im Preis inbegriffen. Natürlich wollte ich den Buddha auch sehen, aber wo war er? Eine 34 Meter hohe Statue kann sich doch nicht so einfach verstecken, oder etwa doch? Ich bin durch die Tempeltore gelaufen, konnte ihn aber nicht entdecken. Zum Glück kamen mir Leute entgegen, die ich fragen konnte. Tja, was soll ich sagen? Ich war schon an dem Giganten vorbei gelaufen und hatte ihn nicht gesehen! Aber das war kein Wunder, denn das Wetter war so schlecht, daß die Statue komplett in einer Wolke eingehüllt war! Und zuerst müssen 268 Stufen überwunden werden, bevor man vor dem Buddha steht. Der Weg zu Buddha war schon immer lang und beschwerlich, aber für Sportler leichter zu ertragen. Das Bild mit der Treppe verdeutlicht, wie schlecht die Sicht war. Am oberen Ende steht die Statue. Na, ist sie zu sehen? Wer jetzt "Nein" sagt, kann verstehen, warum ich zuerst am Buddha vorbei gegangen bin. Bei klarem Wetter kann man ihn übrigens sogar von Macao aus sehen!
Vor der Statue stehen acht weitere Skulpturen von Göttern oder Unsterblichen, die Buddha preisen und ihm verschiedene Gegenstände entgegen halten. Um einen Größenvergleich zu ziehen bitte ich, sich auf die Frau mit dem blauen Schirm zu konzentrieren. Im Bild darunter ist der blaue Schirm auch zu sehen. 34 Meter Höhe ist eine abstrakte Zahl, die jetzt sicher etwas leichter zu bewerten ist.
Trotz des schlechten Wetters hatten sich viele Menschen die Mühe gemacht, die Stufen zu erklimmen und den Tian Tan Buddha zu besichtigen oder zu beten. Von der Plattform aus hat man einen herrlichen Blick auf das Tal mit seinen Gebäuden und das Po Lin Kloster (das große Haus mit dem sandfarbenen Dach am rechten äußeren Bildrand) mit seinem Tempel. Den hätte ich ebenfalls gern besucht, aber leider reichte dafür die Zeit nicht mehr. Von hier ging es mit der Seilbahn zurück und dann sofort zum Flughafen.
Wer nach Hongkong kommt, sollte auch diesen Ort besuchen. Allein schon die Fahrt mit der Gondel und die Aussicht (bei gutem Wetter) sind einen Ausflug wert. Die Insel Lantau und der Tian Tan Buddha sind ein MUST SEE auf jeder Hongkong Reise!