Abenteuer-Shanghai


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Aufbau

Media Markt

Nach der Eröffnung der ersten Märkte in Russland gab es eigentlich nur eine logische Richtung für eine Expansion: Osten! Um von Europas Nummer 1 Handelskette für Elektronik zur Nummer 1 weltweit zu werden, kommt man an China nicht vorbei. Die Größe und das Potential dieses wichtigen asiatischen Marktes lassen Expansionsträume jeglicher Größe zu. Daher wurden früh (2009) Verhandlungen aufgenommen. Um ein Geschäft in China zu eröffnen, muß man einen chinesischen Partner haben. Ich weiß nicht genau, ob es mittlerweile eine zwingende Bedingung der Regierung ist, aber es erleichtert den Start auf jeden Fall. Aus diesem Grund hat sich Media Markt mit der Firma Foxconn zusammengetan, die 25 Prozent am gemeinsamen Unternehmen hält.

Nachdem mit dem Haus auf der Huai Hai Road 527 ein geeigneter Standort gefunden war, begannen die Arbeiten am und im Gebäude. Gleichzeitig fanden im Hauptquartier Schulungen für angehende Mitarbeiter statt, und hier wurde das neue Warenwirtschaftssytem getestet. Für die Bestückung der Regale und das Einarbeiten der chinesischen Kollegen wollte man auf erfahrene Leute zurückgreifen. Am 15. August 2010 landete daher ein internationales Team in Shanghai, bestehend aus Deutschen, Niederländern, Belgiern und Schweizern, um dem ersten Media Markt auf chinesischem Boden ein Gesicht zu geben und ihn zu eröffnen. Ich war einer davon, das heißt Informationen sind aus erster Hand. Allerdings möchte ich gleich zu Anfang eines klarstellen: ich spreche hier nicht im Namen oder im Auftrag für das Unternehmen Media Markt, sondern als Privatperson.

Als einer der European Coaches hatte ich die Aufgabe und Ehre, die TV-Abteilung aufzubauen und den chinesischen Kollegen, die in dieser Abteilung arbeiten sollten, die Konzernphilosophie beizubringen. Das war eine echte Herausforderung, denn nur wenige von ihnen sprachen englisch fließend und so mussten wir uns mit Hilfe derer mit den anderen Mitarbeitern verständigen. Zu unserer Überraschung sprach eine Handvoll unserer chinesischen Kollegen sogar deutsch.

Bei einem Rundgang durch das Gebäude sahen wir, daß reichlich Material zum Aufbau der Regale eingetroffen war. Damit hatten wir Coaches allerdings anfangs nicht viel zu tun, da das Team der Ladenbauer, das schon länger da war und unter extremen Umständen hervorragende Arbeit geleistet hatte, zuständig war für den Aufbau der Regale in den einzelnen Abteilungen. Diese befanden sich verteilt auf fünf Etagen, eine weitere Etage wurde als Lagerraum für Material und später für Ware benutzt.

Der erste Anblick war ernüchternd. Wir standen vor einem Haus, das zwanzig Jahre alt und in keinem guten Zustand war. Im Treppenhaus blätterte die Farbe ab, Fenster mussten erneuert werden, es war feucht. Es war eine einzige Baustelle. Nichts ließ vermuten, daß hier einmal der zu diesem Zeitpunkt zweitgrößte Media Markt der Welt mit 9.500 Quadratmetern Fläche entstehen sollte.

Das Gebäude, das in den höheren Etagen ein Restaurant und eine Bar beherbergt, verfügt über eine Klimaanlage, die aber in den Etagen des Marktes noch nicht funktionierte. Das erschwerte jegliche Arbeit zusätzlich. Bei der Landung in Shanghai hatte das Thermometer 39° Celsius angezeigt, eine Temperatur, die jeden normalen Europäer stark belastet. Es wurde äußerst wichtig, viel zu trinken und zwar nicht nur im Gebäude, sondern natürlich auch außerhalb. Das Wasser spritzte förmlich aus allen Poren, selbst wenn man nichts machte. Die Ladenbauer hatten es dabei sogar schwerer gehabt, da die Temperatur in den ersten Tagen noch höher war. Man spricht hier von 45° Celsius.

Am ersten Abend trafen wir uns auf der Huai Hai Road vor dem Markt. Ein Dinner war vorbereitet worden im Restaurant in der 7. Etage des Gebäudes, wo wir auf die ersten Geschäftsführer der neu zu entstehenden Märkte trafen.

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Am Anfang sah es hier bestimmt schlimm aus. Als wir Coaches eintrafen, hatten die Abteilungen schon teilweise Teppich und Regale. Das Bild in der Mitte oben zeigt die TV-Abteilung. Noch ist nicht viel davon zu sehen, aber man bekommt einen ersten Eindruck. Zu erkennen sind die Regale und Wände, an denen später die Fernseher hängen sollten. Im Vordergrund ist die Basis einer Brand-Island zu erkennen, also einer Insel, auf der nur Produkte eines einzigen Herstellers stehen.

Die Media Markt Zentrale Shanghai liegt schön gelegen ebenfalls auf der Huai Hai Road, allerdings etwas östlicher, untergebracht in der 9. Etage eines modernen Gebäudes aus Glas und Stahl, dem Golden Bell Plaza. Von dort oben hat man einen erstklassigen Ausblick auf die Shanghai Music Hall, die in einem kleinen Park gelegen ist, und auch der People´s Square ist zu sehen, das Zentrum der Stadt. Hier gab es Zeit für chinesische Snacks und dänische Butterkekse.

Nach und nach nahmen die einzelnen Etagen im Markt ein Gesicht an, und zwar das typische Gesicht eines Media Markts. Der Service wird hier groß geschrieben, das zweite Bild von rechts zeigt die riesige Servicestelle der Computerabteilung. Hier sollten Kunden später ihren frisch gekauften Rechner installiert bekommen, oder auch kleinere Fehler behoben werden. Die roten Gitterboxen sind schon bereit, es fehlen nur noch die Paletten darunter, die Ware darin und das Preisschild oben drauf. Die Steckdosen hier sahen aus wie freundliche Gesichter, zumindest wenn man die Sorte mit chinesischem und europäischem Steckanschluss erwischt hatte. Hiervon wurden ungefähr 6.000 Stück verbaut.

Willkommen in der dritten Etage! Hier befindet sich die Welt der Kleinelektrogeräte. Wenn man also Haartrockner sucht, oder vielleicht einen Reiskocher, dann ist man hier richtig. Diese Abteilung war ziemlich schnell entwickelt. Das galt für den Aufbau wie auch für die spätere Bestückung mit Ware. Die Palettenstraßen liegen schon größtenteils, wie man auf dem Bild erkennen kann, auch die Paletten für die Posten vor Kopf der Regale sind schon da, aber es ist schon jetzt zu sehen, daß irgendetwas nicht stimmte. Darauf werde ich später genauer eingehen.
Zum Transport der Materialien und Waren gab es zum Glück zwei Lastenaufzüge. Trotzdem war es schwierig, einen Markt komplett aufzubauen, wenn man über fünf Etagen verstreut liegt, zumal die Aufzüge nur so groß waren, daß gerade einmal zwei Paletten hintereinander in einem Aufzug Platz fanden. Also konnte man maximal vier Paletten pro Fahrt bewegen und auch nur solche, die keine Überbreite hatten. Das war recht zeitraubend.

Fortwährend kam Material an. Die Stühle für die Arbeitsplätze der Abteilungsleiter sind noch in eine schützende Folie eingewickelt, genauso wie das Metall für die Regale. Die mussten natürlich gut geschützt sein. Wer will schon bei einer Neueröffnung mit verkratzten Regalen glänzen? Das Bild mit der Aussicht zeigt die fast fertige dritte Etage. Außer ihr hatte nur noch die fünfte Etage einen solchen schönen Ausblick auf die Huai Hai Road.

Es wurde Mitte September und die Abteilungen vervollständigten sich langsam, wenn man nur die Warenträger und Verkaufspulte beachtete. Ware war und blieb unsichtbar. Trotz der Zusagen der Industrie, uns rechtzeitig und vollständig mit Waren zu beliefern, kam nicht ein einziges Stück ins Haus. Das passiert, wenn man neu in einem Land ist und niemand einen kennt.
Mittlerweile hatten wir chinesische Mitarbeiter bekommen, die geschult werden sollten und denen wir den Umgang mit der Ware näher bringen sollten. Manchmal war das nicht ganz einfach. Ein schnell gesprochenes "Yes, yes" bedeutete nicht automatisch, daß man verstanden worden war und ein "I double-check it" war nichts anderes als ein "Ich bin mir nicht sicher, wovon wir hier reden". Aber mit welcher Ware sollten wir schulen? Wir standen vor leeren Regalen. Das lag mit großer Wahrscheinlichkeit daran, daß das Mid-Autumn-Festival vor der Tür stand, das DAS Ereignis des Jahres im Einzelhandel ist, vergleichbar mit Weihnachten bei uns, und die Ware zu den alteingesessenen, örtlichen Mitbewerbern ging. Um das Problem zu verdeutlichen: um ein Haus dieser Größe zu bestücken und zum angedachten Termin zu eröffnen, braucht man locker 40-50 Paletten Ware pro Tag, die verarbeitet werden müssen. Es kamen aber nur immer nur drei, dann mal sieben, dann zwei. Erneute Gespräche mit den Vertretern der Industrie brachten keine Besserung. Erst nach dem Ende der Feiertage rollten die Paletten regelmäßiger und in größeren Stückzahlen an. Bis dahin aber blieben viele Flächen leer, wie auch im Erdgeschoss, wo direkt vor dem Abteilungsleiterplatz eine Stellfläche für ein Auto eingerichtet worden war, das mit Highlights der Car-HiFi bestückt werden sollte. Ein weiteres Problem war, daß die Ware wichtiger Zubehörlieferanten im Hafen fest saß, weil der Zoll sie nicht freigab. Und wo blieben die elektronischen Sicherungen für Geräte wie Handys und Digitalkameras, die jeder Media Markt Kunde kennt? Es hieß, der Hersteller könne nicht liefern, der Media Markt normalerweise beliefert. Deshalb wurde auf andere Sicherungen zurückgegriffen. Wer jetzt vermutet, daß die chinesische Industrie ihr eigenes Produkt vermarkten wollte, liegt sicher nicht ganz falsch. Aber immerhin gab es schon Fluchtwegkennzeichnungen...
Kurz nach dem Mid-Autumn-Festival gab es den Nationaltag, was wieder freie Tage und eine weitere Verzögerung im Ablauf der Einrichtung des Marktes darstellte. In meiner Abteilung gab es mittlerweile fünfzehn Mitarbeiter. Die meisten kamen regelmäßig pünktlich, eine junge Dame leider nicht. Ich sagte ihr freundlich, aber bestimmt, daß sie sich an die Arbeitszeiten halten sollte und mich für den Fall, daß etwas Außergewöhnliches eintrat und sie deshalb nicht rechtzeitig kommen konnte, nformieren sollte. Auch stellte ich klar, wie die Arbeitskleidung ungefähr auszusehen hatte, dabei legte ich besonderes Augenmerk auf das Schuhwerk. Am übernächsten Tag hat die Mitarbeiterin uns aus eigenem Antrieb verlassen. Bei Schuhen verstehen Frauen eben keinen Spaß, aber eine Sohle, die von zwei dünnen Lederriemen gehalten wird, ist eben kein Schuh. Nicht auszudenken, wie ihr Fuß ausgesehen hätte, wenn ihr einmal ein 46" Plasmafernseher aus den Händen gerutscht wäre.
Die einfachen Vorschriften zur Arbeitskleidung waren nicht die einzigen Gründe, warum einige Mitarbeiter das Handtuch warfen, oder sich erst gar nicht bewarben. Chinesen sind verrückt nach ihren Handys und sie führen sie nicht nur überall mit hin, sondern benutzen sie auch oft und an jedem Ort. Das störte den Arbeitsablauf gewaltig, denn einige Damen und Herren hatten einen ungeheuren Mitteilungsdrang, oder waren so beliebt, daß sie vor lauter Anrufen und Mitteilungen kaum mit ihrer Arbeit voran kamen. Daher wurde ein Benutzungsverbot für Handys während der Arbeitszeiten eingeführt. Ein Aufschrei der Empörung war die Folge. Er war so groß, daß sogar im chinesischen sozialen Netzwerk - ähnlich wie Facebook - darüber berichtet wurde, daß man als Mitarbeiter von Media Markt sein Handy nicht benutzen darf, und es wurde davon abgeraten, sich zu bewerben. Daraufhin wurde die Einschränkung zurück genommen, denn negative Publicity noch vor der Eröffnung kann niemand gebrauchen.
Die Probleme wollten aber nicht enden. Als nächstes kam das Wasser und es kam teilweise von Stellen, mit denen man nicht gerechnet hatte. Kräftige Schauer hatten den Balkon überflutet, der als Verbindungsweg zwischen der sechsten und der fünften Etage genutzt wurde. Leider war die Außenmauer nicht dicht und so lief der Raum voll Wasser, der direkt dahinter lag. Es floss weiter bis in die TV-Abteilung, der frisch verlegte Teppich durfte seine Unverwüstlichkeit auf die Probe stellen. Nicht lange danach drang aus einem Nebenraum Wasser und nässte das 3D-Studio der TV-Abteilung. Die Wand wurde aufgeschlagen, der Fehler aber nicht entdeckt. Also öffnete ich die versiegelte und von einem Posten bewachte Tür, die in diesen Raum führte. Eigentlich hätte ich ihn nicht betreten dürfen, aber das war mir in diesem Augenblick herzlich egal und so fand ich ein undichtes Abflussrohr. Und auch die Arbeiter, die das Cafe aufbauten, trugen ihren Teil dazu bei: warum die Räume des Cafes komplett unter Wasser gesetzt werden mussten, wird wohl in der Besonderheit des Fußbodenverlegens begründet sein.
Dann fingen die Paletten an zu schimmeln. Zentimeterhoch stand der grüne Flaum stellenweise auf dem Holz. Wie konnte das sein? Es gab Stimmen, die behaupteten, daß die Paletten aus frisch geschlagenen Bäumen hergestellt worden sind. Paletten scheinen in China für den Transport nicht oft bis nie gebraucht zu werden, aber für einen Media Markt sind sie absolut notwendig, also wurden sie für uns extra hergestellt. Viele der Paletten, die uns geliefert worden waren, waren klatschnass und selbst die, die nur feucht waren, hatten genug Wasser gespeichert, um den Teppich zu nässen, wie das Bild unten rechts eindrucksvoll belegt. Es blieb uns nichts anderes übrig, als die gelieferten Paletten erst einmal zu lagern und zu lüften, damit sie für den Markt zu gebrauchen waren. Auch das kostete viel Zeit und führte wie auch die Nichtlieferung von Waren ebenfalls dazu, daß der geplante Eröffnungstermin von Oktober auf November verschoben werden musste.

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Ein Albtraum wird wahr: ein chinesischer Maurer fährt eine Karre mit Zementsäcken quer durch die Abteilung! Wie man sehen kann, stehen auf der linken Seite in der HiFi-Abteilung bereits Kartons in den Regalen und auch Fernseher sind auf dem Flur, bereit um ausgepackt und eingeräumt zu werden. Die rot-weiß-blaue Folie am Ende des Gangs bildete die Staubschutzwand, die erst einmal errichtet werden musste. Vorher sollten die Arbeiter nicht mit dem Bau des Cafes anfangen. Leider hatten sie es nicht verstanden, oder es war ihnen egal, also wurden Zementsäcke gestapelt, ohne vorher auf den Staubschutz zu warten. Zur Erklärung dieser Situation muss ich sagen, daß chinesische Zementsäcke nicht wie in Deutschland aus mehreren Lagen Papier und einer Plastikfolie bestehen, vielmehr handelt es sich hierbei um einfache Jutesäcke. Als sie aufeinander gestapelt wurden, wurde durch den Druck eine große Zementwolke freigesetzt, die in Richtung HiFi-Abteilung trieb, in der gerade erst die Regale gereinigt und Ware eingestellt worden war. Ich ließ die Arbeiten sofort einstellen. Der Mann verstand zwar kein Englisch, aber das machte nichts, denn was ich ihm zu sagen hatte, konnte ich ihm in chinesisch sagen.

Nachdem die Staubschutzwand errichtet worden war legte ich eine Rollbahn aus Teppichresten, damit die Arbeiter mit ihren Karren durch die Abteilung fahren konnten, ohne dabei zu viel Schaden anzurichten.

Das Haus verfügt über mehrere Fahrstühle, die für unterschiedliche Benutzung gedacht sind. Neben den beiden Lastenaufzügen gibt es natürlich auch einen Kundenaufzug. Dieser besteht aus einer Glaskabine, die die Sicht auf den Innenraum des Gebäudes freigibt. Weitere Aufzüge im Haus können von Servicekräften benutzt werden, oder von Besuchern des Restaurants oder der Bar. Einer dieser Aufzüge war besonders: wenn man ihn benutzte und zum Restaurant wollte, konnte man eine Überraschung erleben, denn wenn man statt der "7" versehentlich die "6" auf der Schalttafel gedrückt hatte, dann stand man mit seinem schnieken Anzug nebst hübscher Begleitung mitten in unserem Warenlager. Diese Fehlfunktion haben wir schleunigst abstellen lassen, denn ungebetene Gäste mit einem Freilos zum ungewollten Warentransfer konnten wir nicht gebrauchen.

Die Arbeiten um die Zeit des chinesischen Nationalfeiertags, der am 01.10. war, gestalteten sich sehr schwierig. Manche Firmen haben zu diesem Ereignis bis zu 14 Tage geschlossen. Natürlich kein Media Markt, aber es sollte so vielen Angestellten wie möglich die Gelegenheit gegeben werden, ein paar Tage im Kreise ihrer Familien zu verbringen. Jedoch sollte es auch im Markt weitergehen, denn schließlich war er noch nicht fertig und es gab eine Menge zu tun. Wir wurden gefragt, wie viele Helfer wir zum Aufbau der Abteilungen an diesen Tagen brauchten. Da in der TV-Abteilung noch einige Regale bestückt werden mussten, bat ich um vier Mitarbeiter, um den Aufbau zügig abzuschließen.
Ich bekam zwei. Eine halbe Stunde nach Arbeitsbeginn meldete einer der beiden Helfer, der glücklicherweise ein verständliches Deutsch sprach, dass sein Kollege krank wäre und ins Krankenhaus gehen müsse. Er wolle ihn begleiten, damit dem kranken Kollegen unterwegs nichts passiert. Ich sprach dann mit dem "Kranken" in englisch und es stellte sich heraus, dass er vielleicht eine Erkältung bekam. Mir war schon öfter aufgefallen, dass einige Mitarbeiter den regulären Arbeitsablauf stark verzögerten und diese beiden gehörten dazu. Ich fragte den Leidenden, ob er Fieber hätte, was er dann verneinte und ich teilte ihnen dann mit, dass wir so lange arbeiten werden, bis es eben nicht mehr geht. Ich sah zwar in erstaunte Gesichter, aber die Arbeit wurde fortgesetzt. Zumindest für 30 Minuten. Dann ging es dem erkrankten Mitarbeiter "so schlecht", dass ich ihn und seine Begleitung ziehen lassen musste.
Da stand ich nun, allein auf 1000 Quadratmetern, mit reichlich Arbeit, die verrichtet werden musste. Wie sich später herausstellte, war ausgerechnet der Mitarbeiter, der deutsch sprechen konnte, ein von Mitbewerbern geschickter Spion. Seine Aufgabe ist es gewesen, die Arbeitsweisen, Warenbestand, Präsentation der Waren und vielleicht auch Verkaufspreise vor der Eröffnung heraus zu bekommen. Eine weitere Aufgabe war wohl auch das Behindern und Verlangsamen der Arbeiten. Immer wieder kam es zu unsinnigen Diskussionen darüber, ob man aufgetragene Tätigkeiten nicht in dieser oder jener Art verrichten konnte.
Diese "Mitarbeiter" waren zum Glück nur wenige. Die meisten chinesischen Kollegen waren anständige, fleißige, hilfsbereite Menschen, die bereitwillig umsetzten, was man ihnen beibrachte.
Aber nicht nur die chinesischen Kollegen mussten lernen, sondern auch die Coaches. Ein neues Warenwirtschaftssystem wurde installiert, das uns unbekannt war und auf das wir in der Zentrale erst geschult werden mussten. Gleichzeitig lernten die chinesischen Mitarbeiter dasselbe Warenwirtschaftssystem in chinesisch. Wenn man die einzelnen Schritte also auswendig kannte, spielte es hinterher keine Rolle, in welcher Sprache man das System bediente. Vorteile hatte man natürlich, wenn man einige Schriftzeichen kannte.

Ein schönes Bild: die chinesische Flagge wehte in den Tagen vor und nach dem Nationaltag vor dem Media Markt. Das Baugerüst steht im Innern des Gebäudes und ist eine Mischung aus westlicher und östlicher Baukunst. Die Stützen und Querstreben sind aus Stahl, die Planken aus Bambus. Das Holzbrett ist die Halterung für die Staubschutzwand des zu errichtenden Cafes. Aber wo ist es festgemacht? Ein genauer Blick verrät es. Es ist das Aluminiumprofil des Eingangs zum 3D-Studio! Ja, vielen Dank dafür! Wie ich schon an anderer Stelle erwähnt habe, es wird getan, was aufgetragen ist, egal wie. Im Bild darunter sehen wir eine Aufnahme, die ich vom Balkon in der fünften Etage (Rückseite des Gebäudes) aus gemacht habe. Hier gibt es einen herrlichen Ausblick auf die Gebäude entlang der Huai Hai Road Richtung Osten. Das unwirkliche rote Licht, das die Häuser gegenüber beleuchtet, stammt von der Leuchtreklame auf dem Dach.

Als die Lieferanten endlich das taten, was sie sollten - nämlich Ware liefern - wurde aus einem sterilen Lagerraum ein gut eingerichteter Media Markt auf fünf Etagen. Das Preisschild bezieht sich auf ein Siemens ISDN-Telefon. Ist doch klar zu erkennen, oder? Sehr schön ist auch der auf den Millimeter ausgerichtete "Wasserfall" in der TV-Abteilung. Wenn man davor steht, sieht man nur Fernseher. So soll es auch sein. Und so sieht ein Regal voller Reiskocher aus, in Asien vollkommen normal.

Die Abteilungen der weißen Ware hielten warentechnisch einige Überraschungen parat. So jedenfalls ist es mir ergangen, denn nicht alle Produkte waren mir bekannt, wie zum Beispiel die Luftreiniger im ersten Bild, oder auch der Soyabean Milk Maker, also ein Gerät um Sojamilch frisch herzustellen. Keine Ahnung wie das schmecken soll, habe ich nirgendwo getrunken. Die Wellnessabteilung ist geräumig. Ein paar der Massagestühle hatten ziemlich extravagante Steuermodule. Wer so ein Ding bedienen kann, der kann wahrscheinlich auch eine Boeing 747 fliegen.

Apropos extravagant: es gab ein paar Präsentationen, die wirklich herausstachen. So zum Beispiel der Acer-Stand mit seinem Spezialfußboden und den in Firmenfarben beleuchteten und dekorierten Tischen und Pulten. Auch der Teekocher verdient eine Erwähnung. Was man auch favorisiert, der Automat stellt ihn frisch gebrüht her. Und laut Beschreibung wird durch den Timer auch noch Strom gespart. Ein wirklich heikles Thema war die Präsentation der Messer und Küchenbeile. Wir erinnern uns: nach langer Suche hatte ich auf der Nan Jing Road ein Geschäft gefunden, das authorisiert war, solche Küchengeräte gegen Vorlage des Personalausweises oder Reisepasses und Registrierung zu verkaufen. Das hatte sicher einen guten Grund. Vielleicht hatte es etwas mit Disziplin zu tun, oder eben mit der Art und Weise, wie Chinesen miteinander umgehen. Das machte mir Kopfschmerzen. Dagegen war ein Aufenthalt im Cafe wirklich angenehm. Die große Fensterfront erlaubte einen Blick auf die Huai Hai Road.

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